Logistik und Toilettenpapier

Die Rolle der Logistik. Alle reden davon, aber nur wenige wissen, was Logistik eigentlich ist. Die Logistik dient auf stille Weise. Sie bedeutet Flexibilität und Innovation. Logistik dient keinem Selbstzweck. Sie gewinnt keine Kriege, aber sie bedingt sie, in guten und in schlechten Zeiten.

Heute befassen wir uns mit Toilettenpapier. Ja, mit jener Rolle samtweichem Papier, das wir mehrmals täglich brauchen. Dieses besondere Produkt ist in verschiedenen Ausführungen erhältlich: Mit weichem oder hartem Papier, in verschiedenen Farben oder mit unterschiedlichen Mustern. Trotz all dieser Varianten verfolgt diese Rolle nur den einen Zweck, nämlich die Hygiene beim Toilettengang zu gewährleisten. Wir sind es gewohnt, eine Toilette aufzusuchen, um unseren physiologischen Bedürfnissen nachzukommen. Dabei verfolgt jeder Einzelne individuelle Routinen. Manche lesen Zeitung, andere singen ein Liedchen, sie beeilen sich, schnell fertig zu werden oder denken über dies und jenes nach. In einem routinierten Vorgang greifen wir nach vollendetem Geschäft mit der rechten oder linken Hand nach dem Toilettenpapier und reißen einige Blätter ab. Diese Handbewegung ist für uns eine routinierte Angewohnheit. Es ist eine automatische, natürliche und logische Gewohnheit. Wir setzen uns hin, wischen uns ab und gehen wieder.

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Am heutigen Tag ist jedoch alles anders und wir erkennen mit gewisser Verärgerung, dass nur noch wenige Blättchen Papier übrig sind. Es ist das klassische, letzte Stück Toilettenpapier auf einer Papprolle. Verdammt noch mal. Das ist zwar ärgerlich, aber wir nehmen einfach eine neue Rolle. Nein, das tun wir nicht, denn es ist keine neue Rolle mehr da. Und jetzt? Willkommen in der Welt der Logistik. Mit diesem Beispiel soll die Rolle der Logistik nicht ins Lächerliche gezogen, sondern lediglich realistisch verdeutlich werden. Wir erwarten grundsätzlich, dass Logistik funktioniert. Die taktische Planung fällt Entscheidungen, die Logistik folgt und führt aus. Das ist klar verständlich. Letztlich verfolgt die Logistik keinen Selbstzweck. Sie braucht keine Anerkennung und muss nicht im Rampenlicht stehen. Die Logistik agiert im Hintergrund. Nur wenn sie fehlt, fällt uns auf, wie sehr wir von ihr abhängen. Wir erkennen die Wichtigkeit der Logistik also erst in dem Moment, wo sie fehlschlägt. Aber Achtung, wir hatten ja unser eigentliches Problem noch nicht gelöst. Wir sitzen immer noch auf der Toilette und fragen uns, wie wir uns säubern können. Da ist etwas Phantasie gefragt. Lassen Sie uns die erlebte, unangenehme (logistische) Überraschung mit folgendem Vergleich zusammenfassen:

Logistik ist wie eine Rolle Toilettenpapier, deren Bedeutung einem erst klar wird, wenn sie leer ist.

Wie bereits festgestellt, erfüllt die Toilettenpapierrolle eine primäre Funktion. Sie sorgt für unsere Körperhygiene. Fragen wir uns weiter: Wofür könnte man diese Rolle mit weichem Papier noch verwenden? Einige Beispiele? Zum Nase putzen, zum Reinigen der Ohren, als Notizblatt, um ein Feuer zu entfachen, zum Reinigen einer Oberfläche, zum Ball spielen, als Girlande oder natürlich für viele andere Zwecke. Auch das bedeutet Logistik: Zu wissen, wie man improvisiert und sich an gegebene Verhältnisse anpasst. Sich an die Bedürfnisse des Existenzgrundes dieser besonderen Wissenschaft anzupassen; sich an den Auftraggeber anzupassen, der wiederum eigene Ziele verfolgt. Ich als Kommandant ertappe mich zuweilen dabei, die Logistik zu hassen. Der Grund ist ganz einfach der, dass jedes Mal, wenn ich etwas machen, planen, kurz, aktiv werden möchte, mir der verantwortliche Logistiker einen Strich durch die Rechnung macht. „Hassen“ ist wahrscheinlich der falsche Ausdruck, denn was mich eigentlich „auf die Palme bringt“, ist derjenige, der in seiner Rolle als verantwortlicher Logistiker sein Ego in den Vordergrund stellt und mit seiner Passivität und Bequemlichkeit sämtliche Pläne bekämpft. Diese Person kann durchaus mit der leeren Papprolle verglichen werden und ist im Grunde nutzlos. Auf der anderen Seite steht eine einsatzbereite, flexible und an innovative Bedürfnisse angepasste Logistik, vergleichbar mit einer neuen (oder zumindest ausreichenden) Toilettenpapierrolle. Folgerichtig sind die drei letzten Blättchen mit der Notwendigkeit vergleichbar, eine mehr oder weniger schmerzhafte Lösung zu finden. Es ist äusserst wichtig, dass die Kombattanten nicht nur die taktischen Aspekte berücksichtigen, sondern sich auch der Stärken und Schwächen ihrer eigenen Logistik bewusst sind. Auf der anderen Seite braucht es gute Logistiker, die nicht nur Vorgänge abwickeln, sondern auch ein Gespür für die taktischen Absichten haben. Und wenn nach der sorgfältigen Erwägung aller möglichen Lösungen zur Durchführung eines bestimmten Vorgangs herauskommt, dass diese Durchführung unmöglich ist, dann ist es rechtens, den Auftraggeber darüber in Kenntnis zu setzen, dass das, was er fordert, unmöglich in die Tat umgesetzt werden kann. In diesem Fall, und nur in diesem Fall, muss ich mich als Kommandant an die Gegebenheiten anpassen und meine Planung ändern. Und dies ohne jegliche Probleme.

Kehren wir zu unserem Problem zurück. Wir sitzen auf einem Plumpsklo in einer Hütte im Wald. Es gibt kein Papier mehr. In der Hütte steht noch ein Eimer Wasser. Jetzt ist es an der Zeit, das kleine, aber dennoch lästige Problem zu lösen. Jetzt sind Sie am Ball.

1 Kommentar zu „Logistik und Toilettenpapier“

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